Im Juni 2022 bin ich sechs Tage mit meinem Freund Georg auf dem E1 / Alta Via dei Monti Liguri in Ligurien unterwegs gewesen.
Seit langer Zeit bot sich mir endlich wieder die Gelegenheit eine Woche auf dem E1 zu wandern. Schon lange hatten wir den Abschnitt in Ligurien ins Auge gefasst. Der E1 teilt sich dort den Weg mit dem Wanderweg Alta Via dei Monti Liguri (AV), der parallel zur ligurischen Küste verläuft. Der AV beginnt westlich in Ventimiglia an der Grenze zu Frankreich und verläuft anfangs durch die Alpen. Östlich endet er in Ceparana an der Grenze zur Toskana im Apennin. E1 und AV teilen sich den Wegverlauf zwischen Monte Poggia (nördlich von Genua) und Foca die Tre Confini.
Neben dem attraktiven Streckenprofil und unserem Faible für Bergwanderungen in Italien waren folgende Aspekt für die Wahl ausschlaggebend: Der Weg ist innerhalb eines Tages per Zug von Hamburg aus erreichbar, unser Einstieg in Crocetta di Orero war gut von Genua aus per Schmalspurbahn angebunden, es gab an allen Etappenorten die Möglichkeiten zur Übernachtung, der Weg versprach in gutem Zustand zu sein und es gab nach den geplanten sechs Tagen die Möglichkeit, per Nahverkehr nach Genua zurück zu fahren. Außerdem ließen sich die Etappen so aufteilen, dass wir anfangs eher kurze Etappen zu bewältigen hatten, um unsere norddeutschen Flachlandbeine nicht gleich zu überfordern. Auch die Jahreszeit (Anfang Juni) erschien uns ideal.
So setzten wir uns um 3 Uhr morgens in den ICE von Hamburg-Altona nach Stuttgart. Weiter über Zürich und Mailand erreichen wir nach ca. 16 Stunden Fahrt endlich Genua. Leider gab es zumindest für den Hinweg keine ansprechende Nachtzugverbindung.
Vom Bahnhof in Genua zu unserer Unterkunft sind es circa 25 Minuten zu Fuß. So haben wir Gelegenheit bereits ein paar erste Eindrücke von der Stadt zu bekommen. Wir quartieren uns in einem Hostel im 6-Bett-Zimmer ein. Dort verstauen wir unser Gepäck, erledigen ein paar Einkäufe und tauchen in den warmen Abend der Küstenstadt auf der Suche nach einer warmen Mahlzeit. Es ist gar nicht so einfach, an einem Freitagabend einen freien Platz zu ergattern, aber an der wunderschön beleuchteten Piazza Colombo haben wir Glück und genießen bei Pizza und Bier den ersten Urlaubsabend in Italien.
Trotz der Müdigkeit nach langer, schlafloser Reise und gutem Essen hält mich das Geschnarche eines Zimmergenossen im Hostel weitestgehend vom Schlaf ab. Und am Morgen wird es direkt hektisch, weil wir den Fahrplan der Schmalspurbahn, die uns zum Etappeneinstieg bringen soll nicht richtig studiert haben und nun ohne Frühstück bergauf durch die Stadt zum Bahnhof Piazza Manin joggen.
Die Fahrt mit dem kleinen Zug hinaus aus Genua in die Berge ist ein erster Höhepunkt des Tages. Es macht einfach Spaß, aus dem ruckeligen, quietschenden Zug die Stadt, die Berge und die Küste zu betrachten. Nach circa 50 Minuten Fahrt erreicht der Zug Crocetta d‘Orero. In der örtlichen Bar nehmen wir einen Kaffee zu uns und machen uns auf den Weg. Der Himmel ist grau und es ist eher diesig, aber voller Vorfreude beginnen wir unsere Wanderwoche. Von nun an folgen wir der rot-weiß-roten Markierung des AV. Teilweise ist diese um eine Markierung für den E1 ergänzt. Schon am Anfang fällt auf, wie hervorragend der Weg markiert ist. Dies wird sich auch auf den folgenden Etappen nicht ändern. Sieht man nur wenige Minuten keine Markierung, kann man davon ausgehen, den Weg verloren zu haben.
Wissend, dass wir nur eine kurze Etappe zu laufen haben, lassen wir es gemütlich angehen. Schon nach 10 Minuten befinden wir uns oberhalb des Ortes. Es wird der erste wolkenverhangene Ausblick genossen und es werden die ersten Kirschen genascht. Hinter einer Kapelle geht es in einen der typischen Wälder. Hin und wieder gibt es die Gelegenheit, einen Ausblick auf die umliegenden Berge zu erhaschen. Kurz vor Sella öffnet sich die Landschaft und wir erreichen kurz darauf eine weitere Kapelle. Diese wurde im Andenken an Anwohner errichtet, die die Partisanen in ihrem Kampf gegen die Nazi-Faschisten unterstützt haben. In den Bergen Italiens begegnet man immer wieder Spuren des zweiten Weltkriegs und erfährt oft von erschreckenden Gräueltaten und Vergeltungsmaßnahmen der Deutschen Soldaten an der Zivilbevölkerung.
Ein Wegweiser macht uns darauf aufmerksam, dass wir nicht nur auf dem E1, sondern auch auf dem E7 unterwegs sind. Weiter geht es auf schmalen Pfaden durch den Wald, bis sich am Monte Carossino (839 m) erneut die Landschaft öffnet. Leider nimmt die Bewölkung immer weiter zu, so dass unsere Hoffnung, von hier aus vielleicht das Meer zu erblicken enttäuscht wird. Es ist dennoch ein schöner Weg auf dem Rücken der Berge bis hin zum Monte Alpe (799 m). Hier beginnt unser Abstieg durch die Wolken nach Creto. Auffällig sind die teils burgähnlichen Villen entlang des Weges.
In Montoggio erreichen wir unsere Unterkunft, die „Locanda dei Cacciatori“. Das Bier schmeckt gut und wir warten voller Vorfreude auf das Abendessen. Die Laune wird leider erheblich getrübt. Zum einen stellen wir fest, dass wir einige Zecken aufgesammelt haben und zum anderen, dass sich die Sohle meines Wanderschuhs deutlich zu lösen beginnt. Ein leider im Kreise meiner Wanderfreunde bekanntes Problem. Gerade wenn die Schuhe – wie auch bei mir – nur selten genutzt werden. Meine Bergstiefel kommen leider nur maximal ein Mal im Jahr zum Einsatz. Die Wirtsleute sind hilfsbereit und stellen mir Klebeband und Klebstoff zur Verfügung, aber schnell stellt sich heraus, dass die poröse Zwischensohle nicht zu kleben ist. So schmieden wir notgedrungen den Plan, die Wanderung am nächsten Morgen direkt zu unterbrechen und nach Genua zurückzukehren. Glücklicherweise fährt früh am Morgen ein Bus, der sogar unmittelbar in der Nähe des einzigen Sportgeschäfts hält, das am Montagvormittag geöffnet hat. Die freundliche Wirtin organisiert uns für den nächsten Tag sogar noch eine Mitfahrgelegenheit zurück in die Berge.
In aller Frühe fahren wir mit dem Bus zurück nach Genua. Wir vertreiben die Zeit bis der Decathlon-Laden öffnet mit einem Frühstück in einer Bar. Die Auswahl bergtauglicher Schuhe ist überschaubar, aber ich finde ein Paar, das geeignet erscheint. Nun stellt sich die Frage, was mit den alten Schuhen geschehen soll. Meine liebgewonnenen Bergstiefel Entsorgen? Nach Hause schicken? Mitschleppen in der Hoffnung, dass sie neu besohlt werden können? Ich entscheide mich, mit den alten Schuhen so lange zu laufen bis die Sohle sich ganz löst und das neue Paar bis dahin im Rucksack zu verstauen. Dieser wird dadurch natürlich nicht unbedingt leichter. Unser freundlicher Fahrer Gigi holt uns wie vereinbart am Sportgeschäft ab und bringt uns zurück in die Berge. Wir versuchen uns so gut wir können zu unterhalten, was auch einigermaßen gelingt und sehr unterhaltsam ist. Dank dieser Mitfahrgelegenheit können wir es schaffen, die Etappe noch am selben Tag wie geplant zu laufen. Diese Hilfsbereitschaft ist mir bei meinen Wanderungen gerade in Italien immer wieder begegnet und einer der Gründe, warum ich dieses Land so liebe.
Zur Mittagszeit erreichen wir Montoggio und verabschieden uns von Gigi und den Wirtsleuten der Locanda dei Cacciatori. Anfangs bietet sich wieder etwas Ausblick, es ist jedoch noch bewölkter als am Tag zuvor. Zumindest die direkt umliegenden Berge sind noch zu sehen. Aus dem Fahrweg wird schnell ein schöner schmaler Pfad, der durch den Wald führt. An offeneren Stellen leuchtet gelb der Ginster und bietet einen tollen Kontrast zum Grau des Wetters. Es geht stetig bergauf. Hinter dem Monte Lago gibt es eine schön gelegene Rastmöglichkeit mit bei schönem Wetter vermutlich tollem Ausblick. Wir blicken jedoch nur in eine graue Suppe. So gehen wir weiter, zunächst auf einem Grat zum Ostgipfel des Monte Lago. Weiter geht es überwiegend durch Wälder auf einem Bergrücken. Die Wolken hüllen uns immer mehr in ihr feuchtes Grau ein. Wir genießen die besondere Stimmung, stellen uns aber auch immer wieder vor, wie schön der stets auf der Höhe verlaufende Weg wohl bei klarer Sicht sein möge. Schließlich erreichen wir den Monte Spina von dem wir zu unserem Etappenziel, nach Scoffera absteigen.
Zunächst begeben wir uns zum B&B La Torretta wo wir ein schönes Zimmer beziehen. Von einem Balkon winken uns zwei Frauen zu - wir haben offenbar die ersten Wanderer entdeckt, die ebenfalls auf dem AV unterwegs sind. Nach einer Dusche und einem Bummel durch das etwas deprimierende „Zentrum“ von Scoffera stellen wir enttäuscht fest, dass das von vielen Seiten gelobte Ristorante Allesandro geschlossen hat. Zu unserem Glück gibt es jedoch 20 Minuten Fußweg entfernt die Pizzeria Gallo Cedrone. Hier geht es sehr bodenständig zu und wir genießen den Abend bei Pizza und Bier.
Am Abend erreicht uns noch eine SMS von Giuseppe, dem Besitzer der Unterkunft des nächsten Tages. Er warnt uns vor für den Folgetag angesagten Gewittern und bietet an, uns in Scoffera oder an verschiedenen Pässen unterwegs mit dem Auto abzuholen. Was für ein Service und freundliches Angebot! Wir entscheiden uns jedoch, zum Sonnenaufgang aufzustehen um möglichst vor den Gewittern am Etappenziel - dem B&B Case Poggio - anzukommen.
Zu unserem Entsetzen entdecken wir beim Umziehen noch unzählige Zecken an unseren Beinen. Oft ging es während der Wanderung durch hohes Gras. Nach gegenseitigem Zeckenziehen geht es ins Bett.
Schon wieder heißt es früh aufstehen und ohne Frühstück starten. Unser Gastgeber hat uns freundlicherweise ein Lunchpaket deponiert. Zum Sonnenaufgang zu starten ist immer etwas ganz Besonderes und wir genießen die Morgenstimmung. Wir sind jedoch nicht die ersten, die unterwegs sind. An der Bushaltestelle warten bereits die ersten Pendler auf den Bus nach Genua. Nach kurzer Zeit verlassen wir Scoffera und tauchen in die morgendliche Landschaft ein. Es ist ein herrlicher und bald auch aussichtsreicher Aufstieg. Sogar die Sonne lässt sich blicken. Wir sorgen für einige Unruhe im Wald, immer wieder schrecken wir versehentlich Wildschweine auf, die laut trampelnd im Wald verschwinden.
Am Colle Nord Monte Lavagnolo nehmen wir unser Früchstück zu uns. Wir haben uns vorgenommen auf Grund der Wettervorhersage nicht all zu sehr zu trödeln, aber nur wenig später entscheiden wir uns bei strahlendem Sonnenschein doch noch den Gipfel des Monte Lavagnola zu besteigen. Es ist nur ein kurzer und – wie wir feststellen – sehr lohnender Aufstieg. Die Sicht ist relativ gut. Wir rätseln, ob das was wir am Horizont sehen das Meer ist oder einfach nur Dunst. Beschwingt beginnen wir mit dem Abstieg und ich glaube dann doch im "Dunst" ein Schiff auszumachen. Und tatsächlich. Der helle Punkt scheint sich langsam zu bewegen. Ich bin mir sicher – am dritten Tag haben wir endlich das Meer gesehen!
Weiter geht es in der Höhe durch den Wald, bis wir schließlich am Passo del Portello eine Straße erreichen, der wir wenige Kilometer folgen. Nach einem Stück Schotterpiste erreichen wir bereits um kurz nach 9 den Abstieg zum B&B Case Poggio. Eine ungewöhnliche Uhrzeit für die Ankunft. Wir hatten und zwar für den Vormittag im B&B angekündigt, aber so früh wollten wir dann doch noch nicht bei unseren Gastgebern aufkreuzen. Da von einem Gewitter nichts zu sehen ist, dösen wir für einige Weile am Wegrand. Leider bemerken wir bei der Gelegenheit, dass wir schon wieder einige Zecken aufgesammelt haben und ziehen sie, so gut es geht. Schließlich steigen wir jedoch zum wunderschön gelegenen B&B Case Poggio ab, wo wir von unseren Gastgebern Livia und Giuseppe herzlich begrüßt werden. Die beiden haben über viele Jahre mit viel Liebe zum Detail eine alte und heruntergekommene Alpe zu einem B&B umgebaut. An den Seiten des Hauses hat Giuseppe riesige Karte des Alta Via die Monti Liguri angebracht.
Bei einem leckeren gemeinsamen Mittagessen unter der schattigen Pergola erzählen uns die beiden von sich und ihrer Arbeit. Es ist ein interessanter Austausch. Den Nachmittag verbringen wir faul im Garten des Case Poggio – ein Gewitter ist weit und breit nicht in Sicht. Am Abend bieten Giuseppe und Livia Wanderern exklusiv ein Abendessen an, welches wir uns natürlich nicht entgehen lassen. Auch für den nächsten Tag haben wir uns vorgenommen, früh zu starten, da eine lange Etappe auf uns wartet.
Im Morgengrauen aufzustehen scheint auf dieser Wanderung gute Tradition zu werden. Giuseppe und Livia haben uns jedoch ein leckeres Frühstück aufgebaut, so dass wir dieses Mal nicht hungrig starten müssen. Das B&B Case Poggio ist ein besonderer Ort und ich hoffe sehr, hier eines Tages nochmal her zu kommen.
Zunächst geht es wieder hoch zurück zum E1. Nach circa 4 Kilometern erreichen wir Barbagelata. Der Ort bietet sich eigentlich als Etappenende der vorangegangenen Etappe an, gerade, wenn man am folgenden Tag den Monte Ramaceto besteigen möchte. Aber das örtliche Rifugio ist leider seit einiger Zeit geschlossen. Wir erhaschen einen Blick auf das Meer, bevor wir steil absteigen. Im Abstieg begegnen wir den beiden Frauen, die uns in Scoffera vom Balkon gewunken haben. Wie sich herausstellt, sind die beiden auch auf dem Alta Via unterwegs, haben jedoch mit dem Rifugio Ventarola ein anderes Tagesziel. Da wir beabsichtigen, bis zum Passo della Forcella zu laufen und es ein recht langer Weg bis dahin ist, haben wir uns verschiedene Varianten überlegt, um die Etappe bei Bedarf kürzen zu können.
Das Wetter ist ideal – es ist warm aber nicht zu heiß und auch die Fernsicht wird jeden Tag besser. Warm wird uns dennoch - wir sind heute in langen Hosen unterwegs, in der Hoffnung nicht wieder so viele Zecken aufzusammeln. Der Weg ist schön, aber stellenweise steil und anspruchsvoll und anstrengend zu gehen. In einigen Passagen ist der Weg zum Abhang recht abschüssig, bzw. ausgetreten. Es geht zwar wie so oft durch den Wald, aber man gelangt immer wieder an offenen Stellen mit herrlicher Aussicht. Ganz nebenher überschreiten wir mehrere Gipfel.
Beim Abstieg unweit des Monte Pagliaro ist es dann soweit – die Sohle meines Stiefels löst sich komplett. Schnell wechsle ich auf die neuen Schuhe und verstaue die alten im Rucksack. Weiter geht es nun erst einmal durch schönen Buchenwald zu den verfallenen Häusern „Casoni di Arena“. Ab dem Passo Ventarola Nord verläuft der Weg wieder aussichtsreicher und nach gut 180 Höhenmetern Aufstieg erreichen wir Bocca di Feia. Hier entscheiden wir uns auf Grund der Länge des verbleibenden Weges, den E1 zu verlassen und somit auch den höchsten Punkt der heutigen Etappen, den Monte Ramaceto auszulassen. Und so steigen wir durch den Wald in Richtung Ventarola ab. Schnell begleitet uns ein kleines glucksendes Bächlein und durch den Zulauf weiterer Bäche schließlich ein hübscher kleiner Bergbach. Schließlich verlassen wir den Wald und laufen durch ein liebliches Tal. Nach einem kurzen Fußbad setzen wir unseren Weg nach Ventarola fort. Am unbewirtschafteten Rifugio treffen wir erneut auf unsere Schweizer Weggefährtinnen. Sie übernachten hier im Rifugio, was sie später als hübsch, aber kalt beschreiben.
In Parazzuolo steigt Georg in den Bus nach Cabanne, ich beschließe die letzten Kilometer zu laufen. Leider muss ich diese direkt am Rand der recht stark befahrenen Straße zurücklegen. In Cabanne angekommen wartet Georg bereits mit zwei kühlen Bier auf mich im „Copa Cabanne“. Von hier sind es nur noch wenige Minuten bis zum „B&B Tropical“, einer etwas rumpeligen Herberge, die aber von einem freundlichen Pärchen geführt wird. Nach einem guten Abendessen geht es auf das Zimmer. Leider haben auch die langen Hosen nichts genutzt und so wird das abendliche Zeckenziehen zu einem neuen Ritual.
Erstaunlicherweise beginnt dieser Tag mit einem Frühstück. Kurz darauf steigen wir über einen etwas abenteuerlichen Pfad mit Flußquerungen und verwachsenem Dickicht zum Alta Via auf. Der Weg führt auf schönem Pfad überwiegend bergauf durch schattigen Wald mit nur wenigen Aussichtspunkten. Kurz vor dem Passo delle Lame erreichen wir aber schließlich eine wunderschöne offenere Fläche mit grasenden Pferden. Auch bietet sich wieder ein Fernblick bis zum Meer. Am Passo delle Lame gibt es das Rifugio Monte Degli Abeti, welches sich aber scheinbar im Umbau befindet und einen geschlossenen Eindruck machte.
Nun weiter auf einem breiten Fahrweg. Ab hier steigt der Pfad längere Zeit steil durch den Wald an. Schließlich öffnet sich das Gelände und es ist der Höhepunkt der heutigen Etappe, der Monte Aiona (1.701 m) zu sehen. Der Ausblick auf das Meer ist bereits beim Anstieg überwältigend. Wir verlassen den Weg und machen uns zu den beiden Gipfeln auf – es weht ein ausgesprochen heftiger Wind, so dass wir uns eine windgeschützte Stelle am Südgipfel suchen und bei einer Pause den Ausblick genießen.
Zum Rifugio Rifugio Casermette del Monte Penna ist es ab hier nur noch ein gemütlicher Spaziergang – es geht leicht aber stetig bergab. Immer im Blick liegt dabei direkt vor uns der markante Monte Penna. Laut Wegweiser ist der Aufstieg zum Gipfel erstaunlich kurz – dennoch lockt uns eher die Aussicht auf ein kühles Bier und wir steigen weiter zum Rifugio ab, wo wir mit unseren beiden Schweizerinnen auf ein Getränk verabredet sind. Leicht euphorisiert beschließen wir, unsere morgige finale Etappe mit einem Abstecher auf den Monte Penna zu beginnen – natürlich am besten wieder zur frühen Morgenstunde. Am Abend zieht ein kurzes aber heftiges Gewitter auf.
Sehr früh am Morgen beginnt der letzte Tag unserer Wanderwoche. Der Wirt des Rifugios lässt es sich nicht nehmen einen Kaffee zuzubereiten und sich von uns zu verabschieden. Die Morgensonne bescheint bereits den Gipfel des Monte Penna, als wir uns auf den Weg machen. Zurück am Alta Via beginnt unser Aufstieg. Die Rucksäcke verstecken wir hinter einem großen Felsen kurz hinter dem Abzweig.
Es geht konstant durch einen Wald bergauf und es wird merklich windiger und kälter. Nach ca. 45 Minuten Aufstieg erreichen wir den Gipfel des Monte Penna und kommen aus dem Staunen nicht mehr heraus. Es bietet sich uns ein absolut überwältigender Panoramablick. Im Westen erstreckt sich das Mittelmeer weit über den Horizont. Schemenhaft ist sogar Korsika zu erkennen.
Nach Norden und Nordwesten ist der Alpenbogen mit einigen markanten Gipfeln zu erkennen. Besonders freue ich mich, den Gipfel des markanten Monviso, einem stetigen Begleiters unserer Wanderungen auf der GTA im Piemont zu entdecken. In den Zentralalpen sind große, schneebedeckte Berge auszumachen. Unsere Gipfelapp „Peak Finder“ hilft bei der Identifizierung. Mit dabei sind das Matterhorn, Mont Blanc und der Ortler.
Es ist eisig kalt, aber der phantastische Ausblick im Licht der Morgensonne hält uns in seinem Bann. Euphorisiert und wehmütig zugleich machen wir uns aber schließlich auf den Abstieg zurück zum Passo dell'Incisa.
Ab dem Pass - und somit wieder auf der Alta Via - geht es zunächst in leichtem Auf und Ab durch den Wald. Es bieten sich aber schnell wieder wunderschöne Ausblicke in Richtung Meer und umliegende Berge. Der Weg wird nun etwas anspruchsvoller und stellenweise etwas ausgesetzt. Trittsicherheit ist im Bereich des Scaletta von Nöten und an einigen Stellen muss kurzzeitig auch leicht geklettert werden. Dieser Abschnitt ist ein echtes Highlight unserer Wanderwoche.Wem dieser Abschnitt zu heikel ist, kann über andere Wege ausweichen und die anspruchvollsten Stellen umgehen.
Im weiten Verlauf geht überwiegend bergab oder auf schönen und aussichtsreichen Pfaden auf der Höhe. Lediglich am Monte Ghiffi kommt nochmal ein kurzer, aber knackiger Aufstieg. Leider führt das letzte Stück der Etappe entlang einer Straße, die aber glücklicherweise kaum befahren ist.
Schließlich erreichen wir den Passo del Bocco und testen das Getränke- und Eisangebot des Rifugios und des Ristorante da Annamaria. Da der Bus am Pass nur sehr selten fährt, war unser Plan ursprünglich zu Fuß in das Tal nach Borzonasca abzusteigen. Uns erscheint der Weg aber sehr unattraktiv, da er größtenteils auf der Straße verläuft. So bleiben wir im Ristorante uns essen ein tolles Abschiedsessen.
Am frühen Nachmittag beginnt unsere abenteuerliche Busfahrt hinab ins Tal. Wir sind heilfroh, auf der schmalen, kurvenreichen, schmalen und gut befahrenen Straße nicht zu Fuß abgestiegen zu sein. Das wäre nicht gut ausgegangen. Nach einem kleinen Spaziergang durch Carasca erreichen wir den Bahnhof und fahren mit dem Zug entlang der Meeresküste zurück nach Genua. Von hier geht es am nächsten Tag mit dem Zug zurück nach Hamburg.